Immobilie [Haus / Wohnung / Grundstück] geerbt: Was ist jetzt zu tun?
Handlungsempfehlungen im Überblick
Eine geerbte Immobilie bringt oft nicht nur ein emotionales Erbe mit sich, sondern auch viele rechtliche, steuerliche und organisatorische Fragen. Dieser Leitfaden gibt einen ersten Überblick über die wichtigsten Schritte, Eventualitäten und Entscheidungspunkte – kurz erläutert und praxisnah aufbereitet. Für Details zu einzelnen Aspekten verweisen wir auf weiterführende Unterseiten.

1. Erste Orientierung: Wer ist Erbe?
Bevor irgendetwas entschieden oder unternommen wird, muss geklärt sein, wer rechtlich als Erbe gilt – das bestimmt maßgeblich, wie der weitere Ablauf aussieht.
Das Nachlassgericht informiert nur, wenn ein Testament oder Erbvertrag hinterlegt und eröffnet wird.
Gibt es kein Testament, erfährt man in der Regel durch Angehörige, Banken, Notare oder im Zuge von Verwaltungsfragen (z. B. Post an den Erblasser), dass ein Erbfall eingetreten ist.
Bei Erbengemeinschaften wird oft ein Erbe zuerst aktiv und informiert die anderen.
🔹 Tipp: Lies auch unseren Artikel zur gesetzlichen Erbfolge
Szenario A: Alleinerbe
Typisch bei: Testament mit klarer Benennung, überlebender Ehepartner
Was zu tun ist:
- Antrag auf Erbschein (wenn kein notarielles Testament vorliegt)
- Grundbuchumschreibung auf die eigene Person
- Alle Entscheidungen können allein getroffen werden (z. B. Verkauf, Sanierung)
Vorteil: Klarer Entscheidungsweg, keine Abstimmungen notwendig
Nachteil: Volle Verantwortung – auch für Schulden des Erblassers
Szenario B: Erbengemeinschaft
Typisch bei: Kein Testament, mehrere Kinder, Geschwister oder entferntere Verwandte
Was zu tun ist:
- Klärung der Erbquoten (gesetzlich oder testamentarisch)
- Gemeinsame Entscheidungen über das Schicksal der Immobilie
- Erbschein meist notwendig
- Verwaltung der Immobilie nur gemeinschaftlich möglich
Vorteil: Belastung kann auf mehrere Schultern verteilt werden
Nachteil: Konfliktpotenzial, Entscheidungsfindung oft langwierig
Szenario C: Unklare oder strittige Erbfolge
Typisch bei: Kein Testament, ungeklärte Verwandtschaftsverhältnisse, mehrere Testamente
Was zu tun ist:
- Juristische Klärung über das Nachlassgericht
- Mögliche Erbstreitigkeiten
- Immobilie kann in der Zwischenzeit nicht oder nur eingeschränkt verwertet werden
Vorteil: –
Nachteil: Verzögerung, ggf. gerichtliche Auseinandersetzungen
Sonderfall: Ausschlagung des Erbes
Wenn die Immobilie stark belastet ist oder Schulden den Nachlass übersteigen, kann eine Ausschlagung sinnvoll sein – binnen 6 Wochen nach Kenntnis des Erbfalls.
2. Gang zum Notar und Amtsgericht
Die Immobilie wird nicht automatisch auf den Erben umgeschrieben. Es sind formale Schritte notwendig:
- Grundbuchberichtigung beim Grundbuchamt: innerh. 2 Jahre kostenfrei
- Nachlassverzeichnis oder Erbschein beim Nachlassgericht beantragen (sofern nötig)
- Notarielle Unterstützung bei Unklarheiten oder bei mehreren Erben
🔹 Tipp: In einer Erbengemeinschaft muss häufig ein gemeinsamer Erbschein beantragt werden – das kann zusätzliche Zeit und Abstimmung erfordern.
3. Immobilie begutachten und bewerten
Bevor Sie Entscheidungen treffen, sollten Sie sich einen realistischen Überblick verschaffen:
- Zustand der Immobilie prüfen
- Marktwert ermitteln lassen
- Laufende Kosten und Belastungen (z. B. Hypotheken, Grundsteuer) prüfen
Hinweis: Eine professionelle Bewertung kann auch für spätere steuerliche oder verkäuferische Schritte wichtig sein.
4. Optionen: Behalten, vermieten oder verkaufen?
Nach der Klärung der Eigentumsverhältnisse stellt sich die Frage: Was tun mit der Immobilie?
- Selbst nutzen: Evtl. Vorteile bei der Erbschaftsteuer
- Vermieten: Laufende Einnahmen, aber auch Verwaltungsaufwand
- Verkaufen: Liquidität, aber evtl. Verkaufsprozess notwendig
In einer Erbengemeinschaft müssen sich alle Beteiligten über den Umgang mit der Immobilie einig sein – andernfalls kann es zur Teilungsversteigerung kommen.
5. Steuern und Fristen im Blick behalten
Auch steuerlich hat eine geerbte Immobilie Auswirkungen:
- Erbschaftsteuer: Je nach Verwandtschaftsgrad und Immobilienwert
- Fristen: Meldung beim Finanzamt innerhalb von 3 Monaten
- Spekulationssteuer beim Verkauf? Nur in bestimmten Fällen relevant
Detaillierte Hinweise finden Sie in unserem Artikel zu Steuern beim Erbe einer Immobilie.
6. Laufende Pflichten und Kosten
Die Immobilie bringt laufende Verantwortlichkeiten mit sich – unabhängig davon, ob Sie verkaufen, vermieten oder selbst einziehen:
- Versicherungen überprüfen
- Hausgeld und Nebenkosten klären
- Verkehrssicherungspflichten (z. B. Schneeräumung)
Wenn man die Immobilie zeitnah verkauft, trägt man gewisse Pflichten nur bis zum Übergang des Eigentums auf den Käufer. Dennoch gibt es eine Übergangszeit, in der man als Erbe rechtlich Eigentümer ist.
🔍 Sonderfall: Immobilie war bereits überschrieben (mit Nießbrauch)
Wurde die Immobilie bereits zu Lebzeiten auf Sie übertragen – etwa durch Schenkung – und war dem Erblasser ein Nießbrauchrecht eingeräumt, gehört das Objekt nicht zum Nachlass.
👉 Mit dem Tod erlischt der Nießbrauch automatisch. Sie sind dann voller Eigentümer und können über die Immobilie frei verfügen – ohne Erbschein oder Grundbuchänderung.
Aber: Steuerliche und rechtliche Folgen sind möglich, z. B.:
- Pflichtteilsergänzungsansprüche anderer Angehöriger
- Erbschaftsteuer, wenn die Schenkung weniger als 10 Jahre zurückliegt