Webseiten als Geschäftsmodell: Hat das überhaupt noch Zukunft?
Viele webseitenbasierte Geschäftsmodelle, die vor wenigen Jahren noch eine Goldgrube zu sein schienen, entpuppen sich immer mehr als totes Pferd, das man reitet. So stellt sich mit dem zunehmenden Einfluss künstlicher Intelligenz sowie der Verlagerung von E-Commerce auf die großen Handelsplattformen und darüber hinaus der Zugriff über das Google Shopping Network die Frage: Hat die eigene Webseite als Geschäftsmodell überhaupt noch eine Zukunft?

Problem #1: Sinkender Wert von Content-Seiten durch KI-Bots
Früher suchten Nutzer Informationen gezielt auf Webseiten. Heute liefern KI-gestützte Systeme wie ChatGPT oder Google Gemini sofort Antworten, ohne dass Nutzer auf externe Seiten klicken müssen. Das hat gravierende Folgen: Weil der organische Traffic sinkt, erzielen Informationswebseiten bzw. informationsbasierte Unterseiten weniger Werbeeinnahmen durch Affiliate-Marketing, AdSense, Leadverkauf und Co.
Aktuellen Prognosen zufolge wird der Einsatz von KI-Chatbots und virtuellen Assistenten das Suchverhalten erheblich verändern. Das Marktforschungsunternehmen Gartner erwartet in seinem Bericht „Predicts 2024: How GenAI Will Reshape Tech Marketing“, dass bis 2026 das Suchvolumen bei traditionellen Suchmaschinen um etwa 25 % zurückgehen wird, da Nutzer vermehrt auf KI-basierte Lösungen zurückgreifen.
Mögliche Lösungen:
Einzigartige Inhalte, die KI nicht einfach replizieren kann (z. B. exklusive Analysen, Interviews, Community-Content) sind nicht so stark von der Entwicklung betroffen. Auch News-Content wird weiterhin kräftig konsumiert. Zugriffe erhalten Publisher vor allem über das Google News Netzwerk, sofern die eigene Marke nicht stark genug ist. Zur Wahrheit gehört dann aber auch, dass solche Geschäftsmodelle alles, nur nicht passiv sind, sofern das der ursprüngliche Gedanke war.
Problem #2: E-Commerce wandert auf Plattformen
Immer weniger Nutzer suchen Produkte auf individuellen Online-Shops. Stattdessen dominieren Plattformen wie Amazon das Geschehen. Und mehr noch: Wer mit auf organische Ergebnisse abzielender SEO damals noch tolle Ergebnisse erzielen konnte, merkt mittlerweile, dass andere Teilbereiche der Suchergebnisseiten die Überhand gewinnen.
Hier sei neben den bezahlten Ergebnissen vor allem das Google Shopping Netzwerk erwähnt: Statt auf dem Onlineshop selbst, erfolgt die Filterung der Produkte dann bereits innerhalb von Google. Am Ende steht also das Produkt im Vordergrund, dessen Erfolg bei einem direkten Vergleich dann nicht selten über den Preis definiert wird. Und beim Preis werden die Hersteller dank digitalem Direktvertrieb stets die Nase vorne haben. Einzelhändler, welche die Waren erst Einkaufen müssen, können hier eigentlich nicht mithalten.
Beispiel: Wieso sollte ein Hersteller ein Produkt für 50 Euro an einen Großhändler verkaufen, der dieses wiederum für 100 an einen Einzelhändler verkauft, welcher dasselbe Produkt dann letztlich für 150 Euro anbietet – und das auf der gleichen Plattform, weil es ohne Google Shopping, Amazon und Co nicht mehr geht? Der Hersteller wird es stattdessen direkt für 149 Euro anbieten und damit eine tolle Marge erzielen.
Laut einer aktuellen Analyse des EHI Retail Institute verlagert sich der Großteil des deutschen E-Commerce-Umsatzes auf wenige Marktführer:
- Amazon.de erzielte 2023 einen Netto-Umsatz von 14,66 Milliarden Euro und führt den Markt unangefochten an.
- Otto.de folgt mit 4,2 Milliarden Euro, jedoch mit deutlichem Abstand.
- Zalando.de sichert sich Platz drei mit 2,51 Milliarden Euro Umsatz.
Diese Konzentration schränkt den Handlungsspielraum kleinerer Händler erheblich ein.
Parallel dazu verstärken Hersteller ihren Direktvertrieb. Laut einer Studie von ibi research erzielt inzwischen fast jeder fünfte Produzent über 80 % seines Umsatzes ohne Zwischenhändler. Knapp die Hälfte der befragten Hersteller plant, ihren Direktvertrieb in den kommenden fünf Jahren um mehr als 50 % auszubauen.
Für kleine Onlinehändler bedeutet das steigenden Preisdruck, geringere Margen und die Herausforderung, sich gegen große Plattformen und Hersteller mit Direktvertrieb zu behaupten.
Mögliche Lösungen:
Ohne eine starke Marke geht nichts mehr. Diese Marke kann sich entweder auf das Produkt beziehen oder aber auf die Handelsplattform. Zugegeben: Wirklich leicht wird es allerdings auch dann nicht, mit den großen Playern mitzuhalten. Dennoch wird es vor allem beim Produkt selbst weiterhin Möglichkeiten geben. Allerdings sind wir dann schon lange nicht mehr bei der Website als Geschäftsmodell, sondern bei einem Produzenten bzw. einer Marke von Waren welcher Art auch immer. So ist der letzte Strohhalm, an den man sich halten kann, gutes Community-Building, um Loyalität zu erzeugen und wiederkehrende Käufe zu generieren. Das kann beispielsweise über eine besondere Abgrenzung durch Nachhaltigkeit oder sonstige Branding-Möglichkeiten erfolgen.
Fazit: Diversifizierung und / oder Neuausrichtung der Einnahmequellen
Wenn Du bislang auf Webseiten als Einkommensquelle gesetzt hast, vielleicht sogar vornehmlich in Form von passiven Einkommen, könntest Du nun darüber nachdenken, Deine Einnahmequellen breiter aufzustellen - beispielsweise, indem Du geplante Investitionen in Deine Webseite stattdessen in ein anderes “Produkt” steckst, das mehr wirtschaftliche Zukunft hat. Auch ein Teilverkauf von Projekten könnte interessant sein Hier trennst Du Dich natürlich von den Seiten zuerst, die den geringsten Umsatz und das geringste Umsatzpotenzial in der Zukunft versprechen. Das dadurch erzielte Geld (sofern sich überhaupt ein Käufer findet), könntest Du dann sinnvoll reinvestieren.