Der Weg zum Privatier: So könntest Du vorgehen [Strategie]
Wäre das nicht schön, von seinen Ersparnissen zu leben bzw. die Verzinsung oder Rendite zu nutzen, um seinen Lebensstandard zu finanzieren? Wer nicht bis zur Rente warten will und sowieso mehr als die gesetzliche Rente möchte, sollte frühzeitig Gas geben und die richtigen Weichen stellen. Denn so viel darf verraten sein: Auf Bäumen wächst Geld nach wie vor nicht. Utopisch ist das Ziel aber auch nicht, mit 30, 40 oder 50 so viel Geld zu haben, um nicht mehr arbeiten zu müssen - auch ohne Lottogewinn.
Privatier werden mit 30, 40, 50 oder 60 kurz vor Erreichen des Renteneintrittsalters? Einfach ist es auch mit entsprechendem Einkommen nicht - unmöglich aber auf keinen Fall. (Foto: Canva Pro - ShotShare, GettyImages)
Privatier: Definition, Statistik und Vorteile
Während des Aufstiegs des Bürgertums im 19. Jahrhundert kam der Begriff Privatier als Alternative zur Berufsbezeichnung auf. Irgendwas muss man ja schliesslich sein, wenn man keiner geregelten Tätigkeit nachgeht, aber dennoch nicht auf fremde Hilfe angewiesen ist, um sein Leben zu finanzieren.
Obwohl man deshalb auch Rentnerinnen und Rentner als Privatiers bezeichnen kann, wird der Begriff eher für Personen verwendet, die frühzeitig “in Rente” gegangen sind, also ausreichend eigene Vermögenswerte bzw. passives Einkommen aufgebaut haben. Aber wie funktioniert das - klingt ja zunächst einmal wie Wunschdenken.
Die Zahlen belegen, dass es klappen kann: Im Jahr 2018 lebten etwa 627.000 Privatpersonen in Deutschland überwiegend von privaten Einkünften. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2000 ungefähr 372.000 Personen. Das zeigt eine beeindruckende Steigerung von 68,5 % seit dem Beginn des neuen Jahrtausends. Im Jahr 2021 waren es dann schon etwa 809.000 Menschen.
In dieser Statistik fehlen natürlich alle, die prinzipiell Privatier werden könnten, aber “noch nicht genug haben” und weiter arbeiten. Denn letztlich ist es auch eine Frage, wie sich “Arbeit” überhaupt definiert. So gilt: Selbst wenn man nicht aufhören möchte zu arbeiten, ermöglicht einem die finanzielle Freiheit, andere Jobperspektiven zu ergreifen, beispielsweise mal ein Risiko einzugehen, weil man nicht unbedingt auf das Einkommen angewiesen ist. Damit wären wir schon bei den Vorteilen.
Vorteile des Privatier-Daseins
Was sind also nun die Vorteile des Daseins als Privatier? Ganz klar: Du hast die Freiheit, nicht mehr arbeiten zu müssen, sondern arbeiten zu können, wenn Du Lust drauf hast. Hierdurch eröffnen sich wieder neue Verdienstmöglichkeiten [wenn Du möchtest].
Viel wichtiger ist aber, dass Du Dich womöglich Dingen widmen kannst, die Dir mehr Spaß machen als Dein jetziger Job - oder in denen Du sogar viel besser bist und für anderen Menschen ein Gewinn darstellst.
Apropos Menschen: Du hast natürlich auch viel mehr Zeit, Dich um Dich selber, Deine Familie und Deine Freunde zu kümmern. Keine Motivation fürs Fitnessstudio, faule Ausreden, warum Du mal wieder keine Zeit für die beste Freundin oder den besten Freund hast, der pure Zeitstress, wenn Du die Kinder zum Sportverein fährst oder gar das Fußballspiel der Kleinen verpassen, da Du noch arbeiten musst? Als Privatier hast Du diese Sorgen nicht.
Auf einen Blick:
- mehr Zeit
- neue Perspektiven
- weniger Stress
- Selbstverwirklichung
- Flexibilität
So, nun aber Butter bei die Fische. Das klingt alles zu schön, um wahr zu sein. Also wie wird man denn jetzt Privatier?
Der Weg zum Privatier: so könnte es klappen
Es gibt vier Parameter, die darüber entscheiden, ob Du Privatier werden, wann Du Privatier werden und mit wie viel Geld Du kalkulieren kannst:
- Dein aktuelles Einkommen
- Deine aktuellen Ausgaben
- Dein gewünschter Lebensstandard als Privatier
- Deine Anlagestrategie
Der Idealfall wäre, Du hast aktuell ein hohes Einkommen, bist sehr sparsam und möchtest in Zukunft als Privatier mit sehr wenig Geld zum Leben auskommen. Das Ziel wäre dann nicht allzu weit entfernt, da Du aktuell viel Geld sparen und / oder investieren könntest, um noch mehr Vermögen anzuhäufen und dann später davon zu leben.
Sehr, sehr weit wäre der Weg, wenn Du aktuell extrem wenig Geld verdienst, hohe Ausgaben hast und als Privatier jedoch mit sehr viel Geld kalkulieren willst.
Die Realität bewegt sich letztlich meistens irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Stelle Dir also folgende Fragen:
- Wie kann ich mein aktuelles Einkommen erhöhen?
- Bin ich bereit, meinen Lebensstandard aktuell etwas einzuschränken, um mehr Rücklagen zu generieren?
Einkommen erhöhen - die Optionen
Viele behaupten, das Geld läge auf der Straße, man müsse es nur aufheben: Und tatsächlich ist da etwas Wahres dran. Denn niemand hält Dich davon ab, noch einen Nebenjob anzunehmen oder in Deinem Hauptjob umzusatteln. Eventuell zahlt ein anderer Arbeitgeber ja mehr.
Prinzipiell könntest Du Dich auch selbstständig machen. Und wenn Du jetzt denkst: “Das ist doch aber mit hohen Gründungskosten verbunden”, kann ich Dich beruhigen. Denn im digitalen Zeitalter kannst Du praktisch nur mit Deinem Laptop ausgestattet gutes Geld im Internet verdienen, beispielsweise als Texter, mit einem Instagram-Profil, einem Onlineshop, einem eigenen Blog, den Du via Affiliate-Marketing monetarisierst und vielem mehr.
Last but not least gilt: Egal ob Du an Deinem Einkommen schrauben kannst oder nicht, solltest Du versuchen, mit diesem Einkommen Dein Gesamtvermögen zu erhöhen. Das gelingt Dir am besten durch Sparen in Kombination mit einer nachhaltigen Geldanlage. Und diese Geldanlage sieht zu diesem Zeitpunkt der Reise etwas anders aus als später, wenn Du “von den Zinsen” leben möchtest. So kannst Du in dieser frühen Phase noch langfristig investieren.
Wichtig: Sei vorsichtig und streue das Risiko! So wirklich "sicher" sind letztlich nur Finanzprodukte, bei denen Du eine garantierte Verzinsung erhältst. Lass Dich am besten professionell beraten.
Sparsamer Leben: die Möglichkeiten
Wenn Du sparsamer lebst, kannst Du automatisch Dein Einkommen erhöhen, in dem Du bereits vor dem Ausscheiden aus dem Berufsleben sinnvoll investierst – beispielsweise in ETFs, Aktien, Anleihen oder aber sichere Alternativen wie Festgeldkonten und Tagesgeldkonten.
Doch wie schafft man es, sparsamer zu leben? Nicht immer ist das ganz einfach, wenn die verpflichteten Ausgaben hoch sind. Dennoch solltest Du Dir die Frage stellen, auf welche Ausgaben Du verzichten kannst:
- Müssen es wirklich ständig neue Klamotten sein?
- Wie viel Geld gebe ich eigentlich immer fürs Weggehen aus?
- Hätte es nicht auch ein billigeres Auto getan?
- Brauche ich wirklich das neuste Smartphone?
- Ist die Wohnung eigentlich nicht vollkommen überdimensioniert?
- Lohnt sich ein Umzug in eine günstigere Region?
- War es der teure Urlaub wirklich wert?
Die Patentlösung gibt es nie. Vor allem ein Umzug in eine Region mit niedrigeren Mietpreisen geht oft auch mit einem niedrigeren Einkommen einher, außer Du arbeitest bereits ortsungebunden. Trotzdem kann sich ein solcher Schritt oft lohnen.
Lebensstandard definieren
Was würdest Du bevorzugen: so viel Geld wie jetzt oder etwas weniger zur Verfügung zu haben, dafür aber alle Zeit der Welt oder doppelt so viel Geld und dafür mindestens genauso viel Arbeit? Wenn Du Dich für Variante 1 entscheidest, ist Dir scheinbar die Zeit wichtiger als das Geld. Es geht darum, den Sweetspot an monatlich verfügbaren liquiden Mitteln zu finden, mit denen Du glücklich sein kannst. Das ist bei jedem Menschen unterschiedlich und hängt auch davon ab, wie Du Dein Vermögen investierst.
Ein paar Gedankenanstöße:
- Wohnst Du mietfrei, brauchst Du logischerweise weniger liquide Mittel. Dafür musstest Du aber, sofern Du die Immobilie nicht geerbt hast, ein Teil des Vermögens dafür verwenden.
- Ist es für Dich okay, zur Miete zu wohnen, dann brauchst Du etwas mehr liquides Kapital, sparst Dir aber die Investition in den Wohnraum.
- Möglicherweise darf die Wohnung etwas kleiner ausfallen, weil Du die nue gewonnene Zeit als Privatier zum Verreisen nutzen möchtest und eh nicht oft zu Hause bist?
- Vielleicht liebst Du es aber auch, die zeitliche Freiheit im eigenen Garten zu genießen und in der Werkstatt im Keller zu tüfteln.
Lass Dich einfach inspirieren und Dir nicht vorschreiben, wie Du zu investieren hast. Es geht nicht immer nur um den nominellen Ertrag, sondern darum, was Dir ganz allein eine Entscheidung für oder gegen etwas wert ist.
Die Anlage- bzw. Entnahmestrategie
Du hast das Gefühl, dass Du nun von Deinem angesparten Vermögen leben kannst? Gut, dann solltest Du genau überlegen, wie Du mit diesem Vermögen verfährst - denn Du brauchst nun monatliches Geld zum Leben (ohne Arbeit), willst aber im besten Fall nicht einfach das ganze Geld aufbrauchen. Idealerweise vermehrt sich das Geld, was Du nicht monatlich oder jährlich brauchst weiter oder wird zumindest einmal nicht weniger. Rein theoretisch steht es Dir aber auch frei, Dein Geld einfach aufzubrauchen. Wenn Du Nachkommen hast, etwas vererben oder einfach noch sehr lange leben willst, ist es sicherlich besser, das Geld nicht aufzubrauchen.
Folgen Optionen bieten sich Dir als Privatier, um eine monatliche Auszahlung zu erhalten, von der Du Leben kannst:
- vermietete Immobilie
- ETF-Auszahlungsplan (Gegenteil vom Sparplan)
- ausschüttender ETF
- Tagesgeldkonto (mit mtl. Zinsgutschrift)
- Festgeld mit Auszahlplan
Veräußerungspotential
Oftmals musst Du gar nicht zwingend Dein Einkommen erhöhen, sondern kannst bereits vorhandene Werte in liquide Mittel umwandeln und diese dann reinvestieren. Der Punkt kann leicht missverständlich sein, da bestehende Anlagen ja auch potenziell Geld abwerfen können und Assets - also rentable Anlagen - genau das sind, was (werdende) Privatiers in der Regel als Ziel verfolgen. Hier lohnt es sich also genau hinzusehen.
- Wärst Du zum Beispiel Gesellschafter einer GmbH würde die Frage lauten: Anteile halten und (weiterhin) Rendite einsacken oder Anteile verkaufen und das Geld anderweitig investieren, um passives Einkommen zu generieren?
- Besitzt Du ein Haus, weil Du es geerbt hast, stellen sich die Fragen: Mietfrei im Haus leben und dadurch mehr verfügbares Einkommen investieren, das Haus verkaufen und Ertrag reinvestieren oder das Haus vermieten, um
Letztlich hängt es also von den individuellen Erträgen im Vergleich zu anderen Anlageformen ab. Wie immer gilt: Du musst Dir Deine Situation selber genau durchrechnen, eine pauschale Aussage wie: Du brauchst so und so viel Geld, um mit 30, 40 oder 60 finanziell unabhängig zu sein, ist nicht möglich. Auch Tausende von Rechenbeispielen würde Deinem individuellen Status Quo nicht gerecht. Denn nur Du allein kannst entscheiden, wann Du Dich unabhängig und frei fühlst und wie Du leben möchtest.
Am Ziel angekommen oder der Weg ist das Ziel
Du hast es geschafft und möchtest aufhören zu arbeiten - zumindest einmal fürs Erste, bevor Du Dich möglicherweise neuen Projekten widmest. Aber was ist jetzt in puncto Steuern und Krankenversicherung zu tun?
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Da in Deutschland eine Krankenversicherungspflicht herrscht, musst Du Dich auch als Privatier krankenversichern.
- Solltest Du bislang angestellt gewesen sein, so musst Du Dich nun selber versichern und die Beiträge in voller Höhe selbst übernehmen.
- Wenn Du möchtest, kannst Du in die private Krankenversicherung wechseln, solltest Dir aber durchrechnen. Denn vor allem im höheren Alter wird die PKV sehr teuer, Beiträge von mehr als 600 Euro monatlich sind keine Seltenheit.
- Meistens ist der Verbleib in der GKV günstiger.
- Hast Du Dich bereits in jungen Jahren für eine private Krankenversicherung entschieden (bzw. hattest die freie Wahl), dann macht die PKV auch weiterhin Sinn, vor allem was das Leistungsspektrum betrifft (tarifabhängig).
- Steuern zahlst Du als Privatier auf Kapitalerträge in Form von 25 % Abgeltungssteuer bzw. Kapitalertragssteuer. Teilweise führen die Banken die Steuern direkt ans Finanzamt ab. Bei Kapitalerträgen im Ausland musst Du diese jedoch selber angeben. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden über Deinen Einkommensteuersatz besteuert.
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